Andachten

Andacht

Andacht 19.05.2018

19. Mai 2018 | Johannes Naether

Ein einzelner zarter grüner Grashalm vor grünem Hintergrund.

Bildnachweis: judigrafie / photocase.de

Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht; und sie verstehen es nicht.

Ich bin im Supermarkt und arbeite meinen Einkaufs­zettel ab. An der Theke neben mir steht ein Herr, reibt sich die Augen und fragt die Verkäuferin, seit wann es dieses große Sortiment an Käse gebe. „Seit dem Um­bau vor mehr als zwei Jahren“, erwidert die junge Frau. „Merkwürdig, fast unmöglich“, murmelt der Mann halblaut, „ich kaufe hier jede Woche ein und an dieser langen Theke komme ich auf dem Weg durch den Laden immer vorbei, sie ist eigentlich nicht zu übersehen.“

Eine ähnliche Situation haben wahrscheinlich vie­le Menschen schon erlebt. Plötzlich springt uns etwas ins Auge, was wir vorher noch nie wahrgenommen haben. Das entscheidende Wort, das der Mann im Supermarkt sprach, heißt „vorbei“. Wir bewegen uns per Autopilot durch die Welt, das Ziel ist program­miert, der Rest nur Kulisse, bestenfalls rauscht er im Augenwinkel vorbei. Wir nennen so etwas selektive Wahrnehmung oder auch Unaufmerksamkeitsblind­heit. Es beschreibt das Talent des Menschen, Dinge auszublenden, die er nicht unbedingt sehen muss, um durch den Alltag zu kommen. Aber woher weiß ich, was ich ausblenden darf bzw. worauf ich in jedem Fall achten muss? Diese Frage provoziert ein bewusstes „Augen auf“, wenn wir heute durch den Tag gehen. „Du hast noch gar nichts dazu gesagt, dass ich beim Friseur war“, meinte meine Frau am Abend zu mir. Ihr Tonfall entlarvte mich: Ich hatte es nicht gesehen und umso deutlicher fiel mein Kompliment aus.

Um uns herum gibt es viel zu entdecken, besonders im Umgang mit unseren Mitmenschen, der Familie oder den Freunden: ein Gesichtsausdruck, ein unwir­sches Wort oder einfach nur ein neues Kleidungs­stück. Reagieren, Anteil nehmen, eine wohltuende Geste zeigen - so tun wir einander Gutes. Darüber hinaus beschreibt Jesus das Phänomen, dass Men­schen selbst die wirklich wichtigen Themen des Le­bens über Gott und den Sinn des Lebens nicht richtig sehen oder hören. Daher redete Jesus in vertrauten Bildern, und seine Botschaft gewann an Kraft und Ausstrahlung.

Ein einfaches Zeugnis, heute, ehrlich und mit lie­bevoller Klarheit ausgesprochen, kann der Beginn einer neuen Geschichte eines Menschen mit Gott wer­den.

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